Der Kaiser als Symbol seines Staates
oder
The first making of an omnipresent image
Mit Kaiser Franz Joseph verbinden wir das Aussehen eines alten Herrn mit gepflegtem Vollbart, schütterem Haar, ernstem, doch nicht hartem Gesicht, sitzend oder stehend, doch stets im hellen militärischen Uniformrock und Orden, jedenfalls dem Goldenen Vlies. Gemälde des jungen Kaisers sind seltener und zeigen ihn oft mit seiner Gattin Elisabeth. Dann folgte in mittleren Jahren die Periode einer Darstellung mit wucherndem Vollbart und von seinen Ratgebern umgeben, die ihm in Barttracht und Uniform immer ähnlicher werden. Bilder des Kaisers als Feldherr auf dem Schlachtfeld, als Reiter an der Spitze seiner Truppen gibt es nicht; nur in Manövern, von seinen Offizieren umgeben.
Dank neuer Druck- und Vervielfältigungsmethoden und der Erfindung der Photographie, die sich ab 1850 auch in Österreich verbreitete, entstanden etwa ab seinem vierzigsten Regierungsjubiläum 1888 Standardphotos, die bis zu seinem Tod 1916 mit sechsundachtzig Jahren gleichblieben. Der Kaiser schien nicht weiter zu altern. Hunderttausendfach gedruckt, war ein solcher Druck in unterschiedlicher Größe Bestandteil jedes Amtszimmers, Klassenraums in jeder Schule, in den Kasernen, Schlössern, ja bis zu den Wohnungen der einfachen Staatsbürger, mit einer Legende in der jeweiligen Landes- oder Umgangssprache. So war der Kaiser und König auch in Orten des riesigen Reiches, in die er trotz seiner zahlreichen Reisen nie gekommen war, omnipräsent, und dies in den letzten Jahrzehnten der Monarchie in stets gleicher Erscheinungsform; in vielen Städten kamen dazu Statuen des Kaisers in gleicher Aufmachung. Ergänzend dazu war das Antlitz des Kaisers/König auf den Avers der Münzen, auf Orden und den Briefmarken wiedergegeben.
Hinter dieser Verbreitung stand durchaus ein Kalkul seiner Ratgeber, das des gemeinsamen Staatssymbols, des Friedens und der Loyalität ihm gegenüber in seinem so viele divergierenden Völker umfassenden Großreich. Daher war man auch mit Photographiermöglichkeiten recht freizügig und es gab damals auch schon recht viele Privatphotographen. Da sich der Kaiser stets gleich darstellte, sind auch solche „Schnappschüsse“ sehr ähnlich und verstärkten das einheitliche „Image“. Franz Joseph soll mehr als einhundert Uniformen besessen haben, die dank seiner stets schlanken Gestalt, die erst im hohen Alter leicht gebeugt war, kaum vom Hofschneider geändert werden mussten: Es gab Uniformen in österreichischer und in ungarischer Adjustierung, der Kaiser war Oberst-Inhaber zahlreicher Regimenter der k.u.k. Armee und anderer Monarchen Europas. Und bei Zusammentreffen mit diesen oder an Gedenktagen verlangte es das Protokoll, die Inhaber-Uniform der so geehrten Formation oder die aus dem besuchten Landes/des besuchenden Monarchen anzulegen.
Nur im republikanischen Ausland (Frankreich) oder für das Entrevue mit einer Monarchin (Königin Victoria) tauschte der Kaiser die Uniform zugunsten eines edlen schwarzen Anzuges, ohne Dekorationen. Sogar im Kreise der zahlreichen Familie war der Kaiser stets in Uniform – wirklich privat sah man den Kaiser nur bei der Jagd: Hier in Ischl in der lokalen Tracht mit kurzer Lederhose, von vier Uhr früh bis mittags. Und der Jagdstutzen ist die einzige Feuerwaffe, mit der sich der Kaiser je zeigte. Erzherzoginnen waren damals eifrige Photographinnen, doch was ihre erhaltenen Alben zeigen, blieb immer im Rahmen des Protokolls.
In unserer heutigen, durch optische Medien beherrschten Zeit, folgen ja Politiker und andere "Promis" einem solchen Verhaltensmuster - wer glaubt, in der Öffentlichkeit, für die "Fans", dauernd präsent sein zu müssen.
Dr. Gerhard Stadler, Hobbyhistoriker und Kenner aller Länder der Donaumonarchie, wird uns über diese zum Mythos gewordene Vergangenheit einführen, mit zahlreichen Fotos und gewürzt mit Anekdoten.