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Johannes Brahms
Johannes Brahms (∗ 7. Mai 1833 in Hamburg; † 3. April 1897 in Wien) war ein deutscher Komponist, Klaviervirtuose und Dirigent.
Frühe Jahre
Johannes Brahms war Spross einer weitverzweigten niedersächsisch-norddeutschen Familie. Sein Vater, der das Musizieren als Handwerk zum Broterwerb verstand, spielte Horn und Kontrabass und trat mit kleinen Ensemblen in Tanzlokalen in Hamburg auf. Brahms erhielt mit 7 Jahren ersten Klavierunterricht. Brahms' Talent zum Komponieren zeigte sich schon in der Jugendzeit. Seine 1849 verfassten 'Phantasien über einen beliebten Walzer' sind Zeugnis eines virtuosen Pianisten.
Brahms entwickelte als junger Mann eine Eigenart: Er veröffentlichte seine frühen Werke häufig unter Pseudonymen (G. W. Marcks, Karl Würth) und teilte ihnen höhere Opus-Zahlen zu. Anfangs waren es ausschließlich Klavierwerke, die Brahms schrieb - Möglichkeiten und Grenzen eines Orchesters waren ihm zu wenig vertraut und auch in späteren Jahren bediente er sich beim Komponieren seiner ersten Orchesterwerke der Mithilfe von erfahrenen Komponisten aus seinem Freundeskreis.
1853 vermittelte der mit ihm befreundete Violinist Eduard Reményi die Bekanntschaft des in Hannover weilenden Komponisten Joseph Joachim. Dieser notierte gleich über Brahms: In seinem Spiele ist ganz das intensive Feuer, jene, ich möchte sagen, fatalistische Energie und Präzision des Rhythmus, welche den Künstler prophezeien, und seine Kompositionen zeigen schon jetzt so viel Bedeutendes, wie ich es bis jetzt noch bei keinem Kunstjünger seines Alters getroffen. Joachim empfahl Brahms, sich an Franz Liszt zu wenden, der zu der Zeit Hofkapellmeister in Weimar war. Dieser versprach ihm, seiner in einem Brief an den Musikverlag Breitkopf & Härtel zu erwähnen. Brahms erhoffte sich davon nicht viel und schrieb Joachim umgehend einen Brief mit dem Wunsch, dieser möge ihn in das künstlerische Leben einführen. Daraufhin überredete Joachim ihn, den in Düsseldorf weilenden Komponisten Robert Schumann aufzusuchen.
Neue Bahnen
'Neue Bahnen' - Unter dieser Überschrift erschien am 25. Oktober 1853 in der von Robert Schumann gegründeten und in Leipzig erscheinenden 'Neuen Zeitschrift für Musik' der erste Artikel über Johannes Brahms, den Schumann persönlich verfasst hatte: Der junge Johannes Brahms'(...) Und er ist gekommen, ein junges Blut, an dessen Wiege Grazien und Helden Wache hielten. Er heißt Johannes Brahms, kam von Hamburg, dort in dunkler Stille schaffend, aber von einem trefflichen und begeistert zutragenden Lehrer gebildet in schwierigen Setzungen der Kunst, mir kurz vorher von einem verehrten bekannten Meister empfohlen. Er trug, auch im Äußeren, alle Anzeichen an sich, die uns ankündigen: Das ist ein Berufener.(...). Schumann verwendete sich für Brahms auch bei Breitkopf & Härtel mit dem Anliegen, der Verlag möge doch einige von Brahms' Werken publizieren. Sein persönliches Engagement für Brahms machte den 20-Jährigen in Deutschland sozusagen über Nacht berühmt. Viele Musikinteressierte wollten von ihm hören, seine Noten sehen, mehr über das Talent wissen. Brahms machte dies Angst, in Briefen an Schumann drückte er seine Befürchtung aus, den Maßstäben der Öffentlichkeit nicht genügen zu können, verbrannte sogar in einem Anfall überzogener Selbstkritik einige seiner Werke.
Teuerste Freundin
Brahms hatte in Düsseldorf indessen nicht nur Robert Schumanns Bekanntschaft gemacht, sondern natürlich auch die seiner Frau Clara. Sie war 14 Jahre älter als Brahms, hatte mit Robert zu der Zeit 6 Kinder und hatte sich als Pianistin europaweit großen Ruhm erworben. Brahms war von ihr fasziniert. Schon im Anschluss an eine von Robert Schumann vorangetriebene erste Veröffentlichung eines Klavierwerks schrieb Brahms seinem Mentor: Dürfte ich meinem zweiten Werk den Namen Ihrer Frau Gemahlin voransetzen?
Nach der Einweisung von Robert Schumann in die Nervenanstalt bei Bonn intensivierte sich der Kontakt zwischen Clara Schumann und Brahms. Er lebte zeitweilig im gleichen Haus in Düsseldorf, zwischen 1854 und 1858 pflegten beide einen umfangreichen Briefwechsel, dessen Zeugnisse sie im Einvernehmen aber später fast vollständig vernichteten. Von Brahms sind Briefe erhalten geblieben, sie spiegeln eine wachsende Leidenschaft. Anfangs blieb er beim 'Sie', schrieb "Verehrte Frau", dann "Teuerste Freundin", schließlich "Innigst geliebte Freundin", zuletzt "Geliebte Frau Clara". Im Brief vom 25. November 1854 heißt es plötzlich: Teuerste Freundin, wie liebevoll blickt mich das trauliche 'Du' an! Tausend Dank dafür, ich kann's nicht genug ansehen und lesen, hörte ich es doch erst; selten habe ich das Wort so entbehrt, als beim Lesen Ihres letzten Briefes. Er, der Jüngere, hatte es nicht gewagt, ein 'Du' anzubieten, wird damit plötzlich konfrontiert, und findet erst langsam in diese intime Anrede. Im Brief vom 31. Mai 1856 schreibt er in aller Deutlichkeit: Meine geliebte Clara, ich möchte, ich könnte dir so zärtlich schreiben, wie ich dich liebe, und so viel Liebes und Gutes tun, wie ich dir’s wünsche. Du bist mir so unendlich lieb, dass ich es gar nicht sagen kann. In einem fort möchte ich dich Liebling und alles mögliche nennen, ohne satt zu werden, dir zu schmeicheln. (...) Deine Briefe sind mir wie Küsse. Dieser Brief war der letzte vor dem absehbaren und doch unerwartet plötzlichen Ereignis, das die Beziehung verändern sollte: Robert Schumanns Tod am 29. Juli 1856. Hatte Brahms sich noch im Oktober des gleichen Jahres Hoffnungen gemacht, 'seine' Clara in der Phase der Trauer trösten zu dürfen, trat mit der Zeit Ernüchterung ein. Betroffen registrierte er eine von ihr ausgehende zunehmende Distanziertheit. Die ausgetauschten Briefe wurden sachlicher, am 17. Oktober 1857 resümierte Brahms schließlich in einem Brief: Leidenschaften gehören nicht zum Menschen als etwas Natürliches. Sie sind immer Ausnahme oder Auswüchse. Bei wem sie das Maß überschreiten, der muss sich als Kranken betrachten und durch Arznei für sein Leben und seine Gesundheit sorgen. (...) Leidenschaften müssen bald vergehen, oder man muss sie vertreiben. Zeitlebens blieb Brahms jedoch in freundschaftlichem Kontakt zu Clara, schrieb ihr noch 1896 kurz vor ihrem Tod: Wenn Sie glauben, das Schlimmste erwarten zu dürfen, gönnen Sie mir ein paar Worte, damit ich kommen kann, die lieben Augen noch offen zu sehen, mit denen für mich sich - wie viel - schließt.
Zwischen Detmold und Hamburg
1857 siedelte Brahms nach Detmold über. Er leitete dort einen Chor und gab Klavierunterricht. In der Zeit befasste er sich mit einem neuen, großen Projekt: das erste Klavierkonzert op. 15 in d-Moll. Hinsichtlich der Orchestrierung stand ihm Joseph Joachim ratgebend zur Seite. Vielfach wird es als Widerschein der vergeblichen Leidenschaft für Clara Schumann interpretiert, die Phase war ja gerade erst abgeschlossen. Uraufgeführt wurde es am 22. Januar 1859 in Hannover, seine Wiederholung am 27. des gleichen Monats in Leipzig erzielte nicht die erhoffte Begeisterung. Brahms verbarg seine Enttäuschung hierüber nicht, nahm sich aber fest vor, dass ein zweites Werk 'ganz anders lauten' sollte. Und er hielt sich an seinen Vorsatz: Ein zweites Klavierkonzert op. 83 in B-Dur (es erscheint 22 Jahre nach dem ersten) wird charakterlich völlig verschieden von dem d-Moll-Konzert sein.
In der Detmolder Zeit entstanden - neben dem Klavierkonzert - Orchesterserenaden und Lieder, u. a. das 'Unter Blüten des Mai’s spielt' ich mit ihrer Hand'. Brahms ließ hiermit eine neue Begegnung anklingen: die mit Agathe von Siebold. Einen Sommer gab er sich seiner Verliebtheit hin, so offenkundig, dass Clara Schumann gekränkt feststellte, er habe sich wohl recht schnell getröstet. Sein zweites Streichsextett spielt im 1. Satz mit einem Thema auf Agathe von Siebold an, enthält es doch die Tonabfolge: A-G-A-H-E. Doch kaum waren die Verlobungsringe mit Agathe getauscht, machte Brahms einen Rückzug. Er sah sich außerstande, sich zu diesem Zeitpunkt zu binden - er tut es aber auch später nicht, Brahms blieb zeitlebens unverheiratet. Im Mai 1859 siedelte er nach Hamburg über. Dort entstanden u .a. die 'Magelonen-Gesänge' (sie vollendete er aber erst 1869, Kammermusik und zahlreiche Klaviervariationen ('... über ein eigenes Thema', '... über ein ungarisches Lied', '... über ein Thema von Händel', '... über ein Thema von Schumann' (vierhändig)).
1860 machte Brahms die Bekanntschaft des Verlegers Fritz Simrock. Er verhalf als Verleger des Brahmsschen Werks diesem zu maßgeblicher Bekanntheit. Denn Brahms hatte es in den 1860er Jahren nicht immer leicht, seine Kompositionen zu publizieren. Die Verleger waren vorsichtig - das erste Klavierkonzert hatte keinen Erfolg, außerdem galten Brahms Klavierstücke als schwer spielbar. Aber auch Brahms selbst legte sich mit seinem Perfektionsdrang Steine in den Weg. Oft vertröstete er seine Verleger mit der Übersendung des Manuskripts, da ihm schien, er könne noch Verbesserungen an der Komposition anbringen.
Ein Grund, Hamburg den Rücken zu kehren, war seine Verstimmung darüber, dass es 1862/63 seinem Förderer und väterlichen Freund Theodor Avé-Lallemant nicht gelungen war, Brahms den Direktorenposten der Philharmonischen Konzerte zu verschaffen, zumindest aber Brahms als Chormeister der Singakademie durchzusetzen. Obgleich sich Brahms um diese Stellen nie offen beworben hatte, war er tief verletzt, dass ihm Julius Stockhausen vorgezogen worden war. Der Vorgang belastete das freundschaftliche Verhältnis zu Avé-Lallemant jahrelang empfindlich.
In Wien
Ein erster Aufenthalt in Wien 1862 brachte Anerkennung und Lob. Mit Joseph Hellmesberger spielte er bei einer privaten Abendveranstaltung sein Quartett in g-Moll, worauf dieser begeistert ausrief: 'Das ist der Erbe Beethovens'. Mit dem Bonmot tat Brahms sich schwer, forderte es doch zu Vergleichen auf, bei denen er befürchtete, nicht als ebenbürtig betrachtet zu werden. Doch obgleich Wien ein angenehmes Umfeld bescherte, strebte Brahms nach Höherem: Er wollte Leiter der Hamburgischen Philharmonie werden. Die Nachricht, dass statt seiner der Sänger Julius Stockhausen hierfür ausgewählt worden war, traf Brahms zutiefst.
1863 nahm Brahms das Angebot an, Chormeister der Wiener Singakademie zu werden. Doch schon 1864 gab er dieses Amt wieder ab, da die Disziplin des Chores so nachgelassen hatte, dass die Aufführungen mehr Improvisationen denn einstudierten Darbietungen ähnelten. Brahms fürchtete um seinen Ruf und war zudem frustriert. Unter den in der Folgezeit entstandenen Werken sind auch das 'Deutsche Requiem' sowie die "Ungarischen Tänze". Während das Requiem, das nicht den traditionell lateinischen Texten folgt, sondern Bibeltexte in deutscher Sprache beinhaltet, bei seiner Uraufführung in Bremen 1868 enthusiastisch gefeiert wurde, geriet die Veröffentlichung der "Ungarischen Tänze" (Brahms hatte bei ihnen auf zum Allgemeingut gehörende Zigeunerweisen zurückgegriffen) fast zum Skandal: Zwar erreichte Brahms mit ihnen ein deutlich breiteres Publikum als mit seinen anderen Werken, doch meldeten sich plötzlich andere Musiker zu Wort, u. a. sein alter Freund Reményi, die sich als Urheber der Musik ausgaben.
Als Pianist war er in diesen Jahren so erfolgreich, dass er seinen Lebensunterhalt auch ohne feste Anstellung bestreiten konnte. Gleichwohl übernahm er 1873 die Leitung des Wiener Singvereins, die er aber schon 1875 wieder abgab. Auch verdiente er mit seinen bereits verlegten Kompositionen so viel, dass Simrock ihm förmlich hinterherlief mit der Bitte, ihm doch etwas Neues zur Veröffentlichung zu geben.
Zeit der sinfonischen Werke
Seine vier Sinfonien hat Brahms in einem Zeitraum von knapp neun Jahren geschrieben. Im Vergleich zu den zwei Klavierkonzerten, die 22 Jahre auseinander liegen, also in Rekordzeit, zumal die Sinfonien nicht seine einzigen Orchesterwerke aus dieser Zeit geblieben sind. Am 4. November 1876 erfolgte die Uraufführung der ersten Sinfonie in c-Moll op. 68 in Karlsruhe, am 30. Dezember 1877 die der zweiten Sinfonie in D-Dur op. 73. 1880 arbeitete Brahms an zwei Ouvertüren op. 80 und op. 81, von denen er sagte: 'Die eine weint, die andere lacht'. 1883, bei einem Sommeraufenthalt in Wiesbaden beendete er die dritte Sinfonie in F-Dur op. 90. Sie wurde im Dezember in Wien uraufgeführt. Und schließlich im Sommer 1884: Bei einem Aufenthalt in Mürzzuschlag in der Steiermark begann er mit Arbeiten an der vierten Sinfonie in e-Moll op. 98. Ihre Uraufführung fand am 25. Oktober 1885 in Meiningen statt.
In der Folgezeit komponierte Brahms vornehmlich Kammermusik (Violin- und Cellosonaten). 1886 wurde Brahms Ehrenpräsident des Wiener Tonkünstlervereins. Die letzten zwei Jahrzehnte seines Lebens war Brahms eine führende Persönlichkeit der internationalen Musikszene, als Pianist, Dirigent und Komponist bewundert und verehrt. Zahlreiche Auszeichnungen und Ehrenmitgliedschaften wurden ihm verliehen, was Brahms kommentierte mit einem 'Wenn mir eine hübsche Melodie einfällt, ist mir das lieber als ein Leopoldsorden.' 1889 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft von Hamburg verliehen. Die Ehrendoktorwürde erhielt er 1879 durch die Universität Breslau. Brahms starb am 3. April 1897 im Alter von 63 Jahren in Wien, nach Angaben einiger Biographien an Leberkrebs, wie sich jedoch herausgestellt hat, war ein Pankreas-Karzinom ursächlich für seinen Tod. Er wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet.
Brahms als Nachfolger Beethovens?
Vielfach wird Brahms noch heute als der 'legitime Nachfolger Ludwig van Beethovens' bezeichnet. Diese Bezeichnung, der Brahms schon zu Lebzeiten skeptisch gegenüber stand, hat einen Ursprung vor allen Dingen im Musikstreit des 19. Jahrhunderts, der zwischen den Anhängern der konservativen, absoluten Musik und den sich als fortschrittlich betrachtenden 'Neudeutschen' entbrannt war.
Der Musikstreit
Schon 1860 kam es zu offenen Differenzen zwischen den der Tradition verbundenen Verfechtern der absoluten Musik und den Anhängern der unter Franz Liszt gegründeten 'Neudeutschen Musik' (auch: Neudeutsche Schule genannt). Der Streit beruhte auf einem grundsätzlich unterschiedlichen Verständnis der Musik. Liszt und Richard Wagner hatten die 'Zukunftsmusik' auf ihre Fahnen geschrieben, sie wollten die Entwicklung der Musik mit der Sinfonischen Dichtung und dem Musikdrama unbedingt vorantreiben. Ein in dem Kontext neues und zugleich drittes Stichwort bildete die sogenannte Programmmusik. Sprachrohr der Neudeutschen war die von Franz Brendel übernommene 'Neue Zeitschrift für Musik'. Zu den Traditionalisten wiederum gehörten u. a. Joachim, Brahms und der Musikkritiker Eduard Hanslick, dessen Parteinahme für die Musik von Brahms zugleich Basis einer intensiven Freundschaft zwischen beiden war. Deren Ziel war, was Brahms mit seinem Lieblingsausdruck 'dauerhafte Musik' beschrieb, nämlich dass Musik dem historischen Wandel durch ihre spezifische Qualität entzogen sei.
Mit einem Manifest, das auch Joachim und Brahms unterschrieben hatten, protestierte das konservative Lager gegen die ihren Vorstellungen zuwiderlaufenden Entwicklungen musikalischer Strömungen und heimste prompt eine Verhöhnung ein. Der Text gelangte durch eine Indiskretion noch vor seiner Veröffentlichung in die Hände der Angegriffenen und war somit korrumpiert. Mit einer Persiflage auf das Manifest antworteten die Neudeutschen, bescheinigten damit den Verfassern des Manifests, einen 'Bruderbund für unaufregende und langweilige Kunst zu schmieden und setzten ein 'J.Geiger' (für Joseph Joachim), ein 'Hans Neubahn' (für Johannes Brahms - Anspielung auf den Artikel 'Neue Bahnen') und u. a. ein 'Krethi und Plethi' darunter.
Damit war die Stimmung zwischen den zerstrittenen Parteien endgültig verdorben. Brahms und Wagner blieben zeitlebends auf kühle Distanz zueinander. Während Brahms sich vorsichtig zurückhielt, konnte Wagner es in einigen Äußerungen nicht lassen, seine Abfälligkeit über dessen Musik zum Ausdruck zu bringen. Eduard Hanslicks Parteinahme für Brahms dürfte maßgeblich zu der Einschätzung, er sei Beethovens Nachfolger, beigetragen haben. Denn Hanslick war zu seiner Zeit einer der einflussreichsten Musikkritiker Wiens und stellte seine Herausgehobenheit ganz in den Dienst der Konservativen. Und noch eine Person offenbarte sich als glühender Verehrer dieser Richtung: Hans von Bülow. Er, der ursprünglich überzeugter Wagnerianer war, vollzog den Bewusstseinswandel, nachdem Wagner ihm seine Frau Cosima ausgespannt hatte. Seine Haltung zu Brahms manifestiert sich vor allem durch den berühmt gewordenen Ausspruch, die erste Symphonie von Brahms sei die zehnte von Beethoven.
Brahms' Werk
Bei aller Diskussion darüber, ob Brahms als Beethovens Nachfolger anzusehen sei, steht fest: Sein Werk steht in einer gesamten europäischen Musiktradition. Nicht nur Beethoven, auch Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel und Giovanni Pierluigi da Palestrina haben Einfluss auf seine Musik gehabt. Brahms griff auf mittelalterliche Kirchentonarten zurück, auch auf die niederländische Kanontechnik. Brahms hat sich dem Vergangenen verpflichtet gefühlt. Die von ihm vorgenommenen Abweichungen zur Tradition sind in unauffälligen Schritten vollzogen worden. Und trotzdem er im wesentlichen tradierte Formen übernahm, schöpfte er ein unabhängiges und damit zugleich neues Werk.
Musikwissenschaftliche Arbeiten sprechen bei Brahms von drei Schaffensperioden. Die erste reiche bis zum 'Deutschen Requiem', die zweite bis zum zweiten Klavierkonzert und die dritte beginne mit der dritten Sinfonie. Für die erste Periode signifikant sei die romantische Grundeinstellung, die zweite sei durch einen stark klassischen Einschlag geprägt, die dritte eine Verschmelzung dieser Grundeinstellungen miteinander.
Mit seinen Sinfonien hat Brahms nicht nur das allgemeine Publikum, sondern auch seine Freunde auf eine harte Probe gestellt. Sie bieten keinen leichten Zugang und schon über seine erste Sinfonie notierte er: 'Nun möchte ich noch die vermutlich sehr überraschende Mitteilung machen, dass meine Sinfonie lang und nicht gerade liebenswert ist'. Auch bei den weiteren arbeitete Brahms mit Harmonien, die das Publikum nicht nachvollziehen mochte. Die vierte Sinfonie wiederum ist von düsterer Stimmung geprägt, als habe er ein Signal setzen wollen, dass nach ihr keine weitere mehr zu erwarten sei.
Quelle: Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(GNU Free Documentation License, Version 1.2, November 2002)
Original im Wikipedia: Johannes Brahms