PorÂtÂrät-PhoÂtoÂgraÂphie wie die von Josip Pelikan findet man nur einmal. Sie ist einzigartig, lässt sich nicht nachahmen. Genau wie auch Zeit einzigartig und unwiederbringlich ist. Die Zeit, die uns zur Verfügung steht.
Die Menschen in Pelikans Photographien, die vor der Linse zusammenkommen, aneinander vorüber gehen und Blicke austauschen, sind Menschen, die einst lebten und heute nicht mehr unter uns sind. Ihre Zeit ging zu Ende, jedoch bleiben einige Momente ihres Lebens bestehen, festgehalten durch die Linse des Meisters Pelikan. Diese Momente wurden als Erinnerung für uns festgehalten. Für uns, deren Zeit nicht damals war, sondern heute. Und auch wir werden irgendwann Geschichte sein.Â
Josip Pelikan war einer der wenigen Tschechen, die die slowenische Stadt an der Sann als ihren Wohnort wählten, wenngleich Ende des 20. Jahrhunderts viele Fremde in der Stadt lebten. Pelikan zog 1920 nach Cilli. Das war nach dem Ersten Weltkrieg, der viele traurige und schmerzhafte Verluste sowie unzählige, schwere Schicksalsschläge für Familien in ganz Europa brachte. Dies war auch der Grund für bedeutende Veränderungen der geopolitischen Landkarte Europas.  Nationen, die seit Jahrhunderten der gleichen politischen Gesellschaft angehörten, wurden getrennt. Dazu zählten auch die Slowenen und die Tschechen.Â
Der Akt der Photographie dauert nur einen Moment. Pelikan fertigte nicht  bloß Bilder an, sondern er porträtierte. Er spiegelte die Wirklichkeit wieder. Seine Arbeit (35.000 Photographien, 9.000 Glasplatten-Negative, technische Ausrüstung in einem gut erhaltenen und renovierten gläsernen Photostudio) könnte auch als Denkmal bezeichnet werden. Das Leben in den Photographien steht still, wie eine Statue. Unbeständiges wurde zu Beständigem. Was vorbei ist, kommt nicht mehr wieder. Deswegen ist die Photographie eine ernste Angelegenheit, welche dem Photographen höchste Konzentration abverlangt. Ein hellwacher Geist, der das Motiv prompt festlegen, den Schauplatz abwägen und den Farbton abgleichen muss. All dies führt dann zum entscheidenden Moment der Belichtung, der dem Ganzen schlussendlich Bedeutung verleiht.
Und Josip Pelikan war darin ein Meister. Die Ausstellung vor Ihnen bestätigt das.
KURZBIOGRAPHIE
9. Dezember 1885 | Josip Pelikan wird in Tarvis (Trbiž) geboren. |
1892 | Seine Mutter Barbara stirbt und gemeinsam mit seinem Vater zieht er nach Idria (Idrija). |
12. April 1905 | Josip Pelikan beendet seine Ausbildung zum Photographie-Assistenten und findet in Wien Arbeit. |
1906 – 1909 | Er absolviert den Grundwehrdienst. |
1. November 1909 | Pelikan kehrt nach Idria zurück. |
1909 | Der junge Josip Pelikan tritt der Sokol-Jugend (Turnverein) bei. |
14. Mai 1910 | Die Behörden von Loitsch (Logatec) stellen Pelikan erstmals eine Handwerksbescheinigung auf seinen eigenen Namen aus, welche es ihm erlaubt, seinen Beruf in Idria auszuüben. |
24. Mai 1910 | Marijana und Josip vermählen sich. |
12. Juli 1910 | Die Behörden von Rann stellen einen Gewerbeschein aus. |
1911 | Die gemeinsame Tochter Nada wird in Rann geboren. |
1912 | Nach dem Tod seines Vaters in Idria kehrt Josip abermals dorthin zurück und stellt einen Antrag auf Baugenehmigung für ein eigenes Haus mit einem gläsernen Photo-Studio. |
24. Juni 1914 | Erster Weltkrieg – Josip Pelikan wird einberufen. |
5. November 1917 | Er erhält die Genehmigung, während des Militärdienstes Porträt-Photographien anzufertigen. |
Dezember 1918 | Pelikan kehrt vom Krieg zurück. |
1919 | Umzug nach Cilli (Celje), wo Pelikan Stadtfotograf wird. |
3. März 1920 | Abermals erhält er einen Gewerbeschein, diesmal in Cilli. |
10. August 1920 | Pelikan wird ein Mitglied des Verwaltungsausschusses des Vereins für Stadtentwicklung Cilli. |
1922 | Die gemeinsame Tochter Božena wird geboren. |
23 April 1923 | Pelikan eröffnet eine Filiale mit neuem Studio in Rohitsch-Sauerbrunn (Rogaška Slatina) sowie eine zusätzliche, kleinere Filiale in Neuhaus (Dobrna). |
April 1941 | Pelikan wird von den Deutschen in Cilli verhaftet. Im gleichen Jahr jedoch wird er wieder aus der Haft in Marburg (Maribor) entlassen. |
März 1946 | Er erhält einen neuen Gewerbeschein. |
1948 | Das Studio in Rohitsch-Sauerbrunn geht in Staatseigentum über. |
1955 | Der Verein für Stadtentwicklung Cilli verleiht Pelikan eine Auszeichnung für langjährige Dienste. |
1962 | Er erhält eine Auszeichnung für sein Lebenswerk. |
18. Juni 1977 | Josip Pelikan stirbt in Cilli. |
PorÂtÂrät-PhoÂtoÂgraÂphie wie die von Josip Pelikan findet man nur einmal. Sie ist einzigartig, lässt sich nicht nachahmen. Genau wie auch Zeit einzigartig und unwiederbringlich ist. Die Zeit, die uns zur Verfügung steht.
Die Menschen in Pelikans Photographien, die vor der Linse zusammenkommen, aneinander vorüber gehen und Blicke austauschen, sind Menschen, die einst lebten und heute nicht mehr unter uns sind. Ihre Zeit ging zu Ende, jedoch bleiben einige Momente ihres Lebens bestehen, festgehalten durch die Linse des Meisters Pelikan. Diese Momente wurden als Erinnerung für uns festgehalten. Für uns, deren Zeit nicht damals war, sondern heute. Und auch wir werden irgendwann Geschichte sein.Â
Josip Pelikan war ein ausgezeichneter Photograph. Es war für ihn nicht einfach ein Handwerk, vielmehr wurde die Photographie bei ihm zur Kunst. Er war sich der Vergänglichkeit des Lebens bewusst und verstand sie auch. Wie ein Akrobat versuchte er deswegen stets, auf sehr erfrischende und originelle Art und Weise, die Gegenwart einzufangen, die nur so lange währt, bis sie zur Vergangenheit wird. Deshalb ist seine Photographie, man könnte sie auch als „eingefangenen Moment“ oder „Zeit, die für einen Moment angehalten wurde“ bezeichnen, heute noch immer überraschend für uns und lässt viele Fragen unbeantwortet: Nicht nur das Wer, Wo und Wann bleibt offen, sondern auch das Wieso, Wozu und mit Welcher Absicht.
Die Photographie von Josip Pelikan erzählt davon, das Etwas war. Sie belebt das Wesentlichste eines Zeitabschnitts, einer Ära, wieder und bestätigt es. Das Etwas, das wir auf Papier niedergeschrieben lesen können, ist genauso zuverlässig, wie das Etwas, das wir auf einer Photographie sehen können. Durch Pelikan wurde eine klare Trennlinie in der Geschichte unserer Stadt, sowie in der Geschichte der Orte in unmittelbarer und näherer Umgebung gezogen. Dank seiner Photographie ist heute einiges verständlicher und klarer: Ereignisse in der Stadt an der Sann, Veränderungen des Stadtbildes (Architektur), Veränderungen des Umlandes (Industrialisierung) und vieles mehr.
Der Nachlass Pelikans, darunter 35.000 Photographien und 5.000 Glasplatten-Negative in vielen verschiedenen Formaten, ist von unschätzbarem Wert. Die ständige Ausstellung im gläsernen Photostudio in Cilli zeigt Pelikans Reise- und Studiokameras, diverse Linsen, Leica Kameras verschiedener Baujahre, Stative und natürlich seine Fachbuchsammlung.
Die Tochter des Photographen Božena Pelikan verwahrte diesen kostbaren Nachlass mit Stolz und Liebe bis 1988, als er nach und nach übernommen und verkauft wurde. Auch heute arbeitet sie noch an der Dokumentation und Katalogisierung mit, genauso engagiert wie eh und je. Ohne ihr Engagement, ihren Glauben und ihrer Liebe für die Photographie ihres Vaters könnte dieser Nachlass für immer verloren gewesen sein, wie dies bereits mehr als einmal der Fall war. Jede neue Regierung oder jedes neue Regime hatte zur Folge, dass das Eigentum der Familie Pelikan konfisziert wurde. Aber dank ihres Könnens und ihrer Professionalität schaffte es die Familie jedes Mal, wieder auf die Beine zu kommen.
Die erste Ausstellung mit Arbeiten von Josip Pelikan wurde 1989 in den Räumlichkeiten des Museums für zeitgenössische Geschichte in Cilli gezeigt. Diese Ausstellung wurde natürlich nicht über Nacht zusammengestellt. 1987 nahm ich mit Božena Pelikan Kontakt auf und wir begannen bewusst, wenn auch in Abständen, am Nachlass ihres Vaters zu arbeiten. Pelikans zweite Tochter Nada Zore behielt unsere Arbeit bis zu ihrem Tod im Auge und mit ihrer Hilfe und ihren Ergänzungen wurden die Lücken in der Geschichte der Familie Pelikan gefüllt. Von jung auf war sie die rechte Hand ihres Vaters und begleitete ihn ständig nach Rohitsch-Sauerbrunn (RogaÅ¡ka Slatina), zu den Steiner Alpen (KamniÅ¡ke Alpe) und den Julischen Alpen (Julijske Alpe) und nach Cilli. Von ihrem Vater erbte Nada die außergewöhnliche Präzision, das Geschick und das Gefühl für Licht. Sie kam ihrem Vater „fast“ gleich. Nada Zore setzte ihre Arbeit als Photographin fort und blieb ihrer Berufung treu. Sie verließ jedoch ihre Heimatstadt und folgte ihrem Ehemann, aber ihren Beruf übte sie weiterhin in ihrem Studio in Marburg aus.Â
Museum of recent history Celje
Muzej novejse zgodovine celje
Durch Photographien werden besondere Emotionen und Erinnerungen in den Menschen geweckt. Eine Photographie kann in uns zärtliche Gedanken entfachen, sie kann uns aber auch erschaudern lassen; sie kann uns zum Weinen bringen oder uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Wir erinnern uns an die Vergangenheit, die zwar hinter uns liegt, aber in uns fortdauert. Durch Josip Pelikan verblassen die Erinnerungen nicht. Erinnerungen an Ereignisse, die vor 50 oder mehr Jahren stattfanden; Nachweisfragmente der Geschichte von Cilli und der Steiner Alpen der Kurorte Rohitsch-Sauerbrunn , Neuhaus (Dobrna) , Römerbad (Rimske Toplice) und teilweise auch von Tüffer (Laško). Für unsere Historiker sind die Photographien Pelikans eine einzigartige, historische Quelle und ein wichtiger Teil des slowenischen Kulturerbes. Heute ermöglicht uns die große Sammlung an Photographien von Ereignissen und Schauplätzen das Leben und die Entwicklung der abgelichteten Plätze präziser zu rekonstruieren. Diese Photographien sind deshalb so kostbar, weil sie oftmals der einzige Weg sind, alte Teile der Stadt wieder lebendig werden zu lassen. Pelikan war ein Photograph, der alle Gesellschaftsschichten ablichtete: vorwiegend die Mittelschicht, jedoch auch Arbeiter bei ihrem Werk. Außerdem fotografierte er das Landleben und legte dabei den Schwerpunkt auf die Art und Weise, wie gearbeitet wurde. So können wir uns heute ein Bild von den Wäscherinnen unter der Eisenbahnbrücke in Cilli machen, oder von den Flößern, die im unteren Sanntal Baumstämme die Sann (Savinja) abwärts trieben. Darüber hinaus sind auf seinen Photographien die ersten Taxifahrer von Cilli abgelichtet sowie die Busfahrer der regelmäßig befahrenen Strecke Laibach (Ljubljana) – Marburg. Die berühmten Kastanienverkäufer gerieten auch vor Pelikans Linse, genauso wie die Skispringer auf der Schanze im Stadtpark, die Schuhputzer vor dem Bahnhof und viele mehr.
Dank ihrer schnellen Entwicklung trug die Photographie maßgeblich zur Veränderung unserer Sicht des Lebens bei. Photographie ist fester Bestandteil des täglichen Lebens und trotz der Masse an anderen Medien und Technologie ist sie nach wie vor wichtig und unverzichtbar in Bereichen wie Wissenschaft, Kunst, Kultur, Medizin und vielen mehr. Gewiss hat jeder Bereich seine eigene Art und Weise mit Photographie umzugehen, aber eines haben sie alle gemein: eine Photographie ist ein nützliches Dokument, als Ganzes gesehen oder als Fragment oder Detail der Realität. Für uns Historiker hat eine Photographie die Eigenschaft, die Geschichte des 20. Jahrhunderts zu erzählen, erklären, beweisen, erhalten oder zu rekonstruieren.
Josip Pelikan wurde 1885 in Tarvis, damals Teil von Österreich-Ungarn, geboren. Nach dem frühen Tod der Mutter zog sein Vater mit seinem Gewerbe nach Idria (Idrija) um. Vor dem Umzug besuchte der Vater die Bergwerksstadt bereits jeden Samstag um dort zu fotografieren und wurde oft von dem damals noch sehr jungen Josip begleitet. Seine Begeisterung für die Photographie und der Wunsch, sich von seinem Vater und seiner Stiefmutter loszulösen förderten Pelikans Begeisterung für ein Studium. Sein erstes Schulzeugnis war von seinem Vater unterzeichnet, aber bereits 1905 erhielt er ein Zeugnis in Wien. Sein Leben und seine Studien in Wien, Graz und sogar Prag erweckten in dem jungen Photographen die Begeisterung für Jugendstil-Studios, an denen es in der Österreichischen Hauptstadt zu dieser Zeit nicht mangelte. Die Rückkehr Josip Pelikans nach Idria bedeutete die sofortige Einberufung zum Militärdienst. Dieser dauerte bis 1909, ganze vier Jahre. Sogar in dieser Zeit fotografierte er weiter und es entstand eine Serie privater Photographien, die deutliche Hinweise auf großes Können lieferte. Wieder in der Heimat angekommen wandte er sich den wichtigen Dingen des Lebens zu. Nationalbewusst wie er war, trat er dem Sokol-Verein bei. Und es war auch sein Engagement für die Sokol-Bewegung, die ihn zur Liebe seines Lebens führte – Marijana Lebar.
Die Serie der Familien-Photographien, ein weiterer wertvoller Teil des Nachlasses des Meisters, ist heute Teil der ständigen Ausstellung in Cilli. Seit April 2006 fand die große Aufnahme von Braut und Bräutigam, welche 1911 in Wien fotografiert wurde, besondere Beachtung. Wie Božena Pelikan erzählt, wurde bei Familienfeiern immer eine gerahmte Photographie verschenkt.
1919 entschied sich Pelikan von Italien in den neu gebildeten Staat der Slowenen, Kroaten und Serben zu ziehen. Nie hatte er seine slawischen Wurzeln vergessen oder verleugnet. Seine Eltern waren eigentlich Tschechen, jedoch fühlte sich Pelikan in Slowenien als Slowene. Durch ihr künstlerischen Können und ihre Geschäftstüchtigkeit gelang es Josip und Marijana sogar lokale und nationale Grenzen zu überwinden. Sie verlagerten die Studios in Idria (1910) und Rann (Brežice) (1910, Marijanas Familie stammte von hier) nach Cilli (1920) und dabei blieb weder Tradition, noch Qualität auf der Strecke.
Durch Zufall kam der Photograph im Jahr 1919 nach Cilli und blieb der Stadt bis zu seinem Tod treu. Das gläserne Studio des Photographen Lenz, welches 1899 errichtet worden war, faszinierte Pelikan und er erwarb es später von Lenz’ Witwe. Die Entscheidung, Idria zu verlassen, war gewiss keine einfache, da er sich bereits als Meister der Photographie bewährt hatte und sein Geschäft florierte. Das Studio konnte nicht allen Ansprüchen Pelikans gerecht werden, ein Problem, das ihn sein Leben lang begleitete. Seine angeborene Kreativität und der Wunsch, neue und alternative Methoden anzuwenden trieben ihn jedoch weiter an. Sein starkes Verlangen nach Wissen und sein Selbstvertrauen lassen sich heute aus seinen Porträts herauslesen. Nie machte er einen Schritt zurück. Die Photographie begleitete ihn sein Leben lang. Für ihn war die Photographie nicht einfach ein Beruf, sondern ein Lebensgefühl. Er verdiente sich seinen Lebensunterhalt mit der Photographie, jedoch beschäftigte er sich auch in jeder freien Minute damit und verführte und „vergiftete“ damit sogar die Damen in seiner Familie (seine Frau und seine zwei Töchter).
Seine Arbeit brachte ihm auch Auszeichnungen und Anerkennung ein. Während seiner ersten Zeit in Cilli nahm er an jugoslawischen Ausstellungen teil. Agram (Zagreb) stand ihm immer näher als Laibach. Erst später widmete er seine Arbeit dem Tourismus und der ausschließlichen Veröffentlichung seiner Photographie in Werbematerialien, Broschüren, usw. Als Mitglied des Slowenischen Alpenvereins (Sektion Cilli) war er sehr aktiv an Bergsteigerpublikationen beteiligt.
1922 erhielt er ein Spezialdiplom für seine Arbeit an der ersten großen Slowenischen Photographie-Ausstellung, mit folgender, interessanten und bedeutenden Aufschrift: Josip Pelikan – Kunstinstitut für Photographie und Malerei, Cilli. 1926 erhielt er in Split bei der ersten Jugoslawischen Photographie-Ausstellung ein Spezialdiplom und 1930 wurde ihm in Agram bei der Jugoslawischen künstlerischen Fotoausstellung ein Silberdiplom verliehen. Leider war das auch das Ende seiner Teilnahme an Ausstellungen, denn er widmete sich fortan seinem Broterwerb. Er beschäftigte sich intensiv mit Porträts und Panoramaaufnahmen, den Bergen und dem Sanntal, wo er auch zum Fischen ging.
Ab 1923 fotografierte er auch in Rohitsch-Sauerbrunn. Anhand eines Modells errichtete er dort ein neues Studio mit einem speziellen Detail: Das Licht kam von der linken Seite, im Gegensatz zu seinem Studio in Cilli. Laut Božena Pelikan, die ihren Vater nach der Hochzeit ihrer Schwester Nada im Jahr 1935 begleitete, ließen sich Berühmtheiten aus dem gesellschaftlichen und kulturellen Leben des damaligen Königreichs Jugoslawien in diesem Studio fotografieren.
Aufnahmen von jungen Damen war ein besonderer Aufgabenbereich. Der jährliche Schönheitswettbewerb im Kristallsaal der Kuranstalt, dem dann ein Ball folgte, war natürlich ein besonderer Anlass, ein Porträt anfertigen zu lassen. Vor dem Zweiten Weltkrieg galt Rohitsch-Sauerbrunn als der mondänste Kurort Jugoslawiens. Besonders in den Sommermonaten war der Ort voll mit Gästen aus dem eigenen Land und Besuchern aus Österreich und Ungarn. Jedes der 15 Hotels, die von der Kuranstalt betrieben wurden, und die über 30 privaten Hotels beherbergten jedes Jahr eine Vielzahl an Gästen, von denen viele den Weg in Pelikans Studio fanden. Seine Professionalität und seine Präsenz bei allen Ereignissen (im Park, bei den Mineralwasserbrunnen, usw.) machten ihn zu einem wichtigen Teil des Lebens in Rohitsch-Sauerbrunn. Seinem Dokumentieren ist es zu verdanken, dass das Bild von Rohitsch und der Kurorte Römerbad und Neuhaus erhalten blieb. Aufgrund der Fülle und Vielfalt seiner Arbeit war es notwendig, dass Pelikan in seinem Studio in Rohitsch immer Assistenten und Auszubildende beschäftigte. Unter ihnen war Jože Potr?, der bis 1938 für Pelika tätig war. Er war sein unentbehrlicher Helfer bei der Ausarbeitung der in Auftrag gegebenen Porträts. Ebenso stand Vid Nu?i?, der speziell ausgebildet war, die Erneuerung des Kurorts zu dokumentieren, im Dienst von Pelikan, wie auch Riko Mlekuš, Viktor Berk, Konrad Orožim und Miro Zdovc.
Die Studiophotographie, wie sie in der ersten Serie des Projektes gezeigt wird, entstand in Pelikans erfolgreichster Zeit, zwischen den Kriegen. Pelikan fotografierte damals in vier Studios. In den Porträts erkennt man namhafte Persönlichkeiten des kulturellen Lebens zu dieser Zeit: Schriftsteller Josip Stritar, Dichter Oton Župan?i?, Maler Fran Tratnik, Musikerin Kala Sancin, Alpinist und Schriftsteller Julius Kugy, Archäologe Franjo Buli?, Leiter des Slowenischen Sokol-Vereins Engelbert Gangl, Dramatiker Ivo Vojnovi?, Leiter des Brandbekämpfungsvereins Josip Türk. Zu den Motiven zählten auch die Schönheiten von Rohitsch-Sauerbrunn, die oben bereits erwähnt wurden, jedoch sind deren Namen unglücklicherweise nicht bekannt. In allen Porträts erkennt man Pelikans unverwechselbares Studio in Rohitsch-Sauerbrunn.
Unter den Photographien von Frauen, die einen Großteil des Nachlasses ausmachen, findet man einige Abbildungen von Damen, die ihm nahe standen. Jelka Mikuš war eine Dame mit Geschmack. Zu sehen ist auch Mojmir Sepes Mutter Tjaša Kalan und die Ballerina Erna Kova?. Ich sollte an dieser Stelle erwähnen, dass es nur wenige Familien in Cilli und Umgebung gab, die nicht ein Porträt mit der Signatur von Pelikan besaßen. Photographien wie diese gab es sehr viele, auch außerhalb von Cilli.
Unter den Motiven der Porträts von Pelikan waren auch die Industriellenfamilien von Cilli: die Familie Uhlich (Eigentümer von Römerbad), die Familie Lazarevi? (Eigentümer des Zinkwerks von Cilli), die Familie Drolc (Leiter der Bergwerks von Seger (Zagorje)), die Familie Stermecki (Großhändler).
Er war in der Lage, Momente im Leben eines Kindes auf ganz besondere Art und Weise festzuhalten. Völlig im Spiel oder in Gedanken vertieft, schenkten die Kinder dem Photographen oder zufälligen Beobachter keine Aufmerksamkeit und deswegen sind diese Photographien das zuverlässigste Dokument vergangener Zeiten. Kinder zogen ihn in seinen Bann. Zum einen jene, die er mit seinen Eltern in Sonntagskleidung, sauber und gepflegt, durch die Stadt gehen sah. Andererseits auch die Schmutzfinken, die im Sandkasten oder im Gras im Park spielten.
Besonders wertvoll sind die Glasplatten-Negative, die in der Mansarde und teilweise in der Dunkelkammer in der Razlagova-Straße 5 in Cilli aufbewahrt werden. 1048 Glasplatten-Negative von Porträts der frühen Jahre in Cilli (1919-1923) sind erhalten geblieben. Nach 1923 wurde der Großteil von Pelikans Porträtarbeiten nach Rohitsch-Sauerbrunn übersiedelt. Seine Frau blieb zuhause in Cilli und nahm weiterhin Arbeiten an, bis Pelikan am Ende der Saison wieder nachhause zurückkehrte, sich dem Geschäft wieder annahm und den Porträts widmete.
Pelikans Photographien von Maskenbällen, Tanzveranstaltungen und Bällen erzählen viel darüber, wie sich die Slowenen erheiterten und wie vielfältig ihr gesellschaftliches Leben war. Sie zeigen auch, wie sich das Erscheinungsbild der Kurorte durch Bautätigkeiten und Modernisierung verändert hat und wie die Bergsteiger begannen, die ersten Bergsteigerhütten an der sonnigen Seite der Alpen zu errichte. Man kann eine Landschaft bewundern, die bereits verschwunden ist, und über das Panorama des schönen Sanntales staunen. Man kann mit den Opfern mitfühlen und sich der Tragödien des Zweiten Weltkrieges erinnern und am Ende in das unvergessliche, noch unbeschädigte Cilli zurückkehren, das vor 1941 die Hauptstadt des Tourismus war.
Die Photographien sind in die folgenden Kategorien eingeteilt:
- Kurorte und Promenaden
- Architektur und Industrie
- Berge und Panorama
- Krieg
- Cilli
- Verschiedene Motive
Worte reichen nicht aus, um das Leben in einem Kurort zu beschreiben. Pelikans Photographien von Menschen, die mineralhaltiges Wasser trinken, im Park plaudern oder sich selbst stolz in Kleidung der neuesten Mode präsentieren, drücken mehr aus, als Worte dies vermögen. Durch Pelikan sind uns auch die wertvollen Innenräume der Kuranstalten, die versteckten Quellen und die natürliche Umgebung, in welcher sich die Kurgäste den Heilkräften hingaben, bekannt.
Postkarten stellten einen sehr wichtigen Teil von Pelikans Arbeit als Photograph dar. Damals war Cilli ein wichtiger Tourismusort und von hier brachen die Gäste zu den verschiedenen Kurorten auf. Dank der Drucktechnik, die zwar anfangs nicht in der Lage war, große Mengen an Postkarten zu drucken, wurden die Karten immer billiger. Die Postkarten entwickelten sich zum einen aus der Lithographie, die gegen Ende des 18. Jahrhunderts entwickelt wurde, und zum anderen aus der Photographie, welche fast 40 Jahre später entdeckt wurde. Farblithographien wurden nur in drei Farben gedruckt. Erst als die Photographie für die Drucker verfügbar wurde, begannen die Postkarten immer beliebter zu werden.
Josip Pelikan veröffentlichte drei Serien von 10 farbigen Postkarten von Cilli und den Kurorten Rohitsch-Sauerbrunn und Neuhaus. Man erkennt darauf den Stadtpark von Cilli, den Krekov Platz, das Rathaus und das Deutsche Haus, im Vordergrund steht jedoch immer die alte Burg von Cilli und ein Panoramablick auf die Stadt. Rohitsch-Sauerbrunn zeichnet sich aus durch sein wechselndes Panorama, die Styria- und die Donatquelle, die gedeckten Promenaden, die Pflanzenschule und die Hotels. Die Postkarten des Kurorts Neuhaus zeigen Menschen im Park und vor dem großen Gebäude der Kuranstalt sowie die unverwechselbare Villa Hygiea.
Eine Photographie ist ein sehr nützliches Dokument, jedoch nur, wenn es in einen Kontext eingebettet ist. Pelikan gab seinen Photographien stets einen passenden Bezugsrahmen, denn er publizierte regelmäßig in der Tagespresse, in der Tourismusliteratur, in Broschüren und in Werbekatalogen sowie in der Zeitschrift für Bergsteiger, dem Planinski vestnik. Er hinterließ eine Reihe einzigartiger Dokumentarphotographien, wie sie in den 30er Jahren überall auf der Welt entstanden.
Wie bereits erwähnt kam Josip Pelikan als etablierter und kompetenter Photograph im Herbst 1919 nach Cilli und brachte eine Menge Wissen und Erfahrung mit. Auch von Idria und Rann fertigte er Szenen des Alltags- und des Familienlebens an, von welchen allerdings nur noch wenige existieren. In Cilli fotografierte er nicht nur im Studio, sondern machte die ersten Aufnahmen der Steiner Alpen mit dem unvergesslichen, komplett unberührten Logarska-Tal und Aufnahmen von Bergsteigerhütten in den Bergen. Da er selbst begeisterter Bergsteiger war, fotografierte er fast jeden Meter der Berge und entdeckte und erfasste unvergessliche Momente im Schnee oder das Erwachen der Natur im Frühjahr. Bei seinen Expeditionen in die Berge wurde er von Einheimischen begleitet. Die schwere Foto-Ausrüstung, die Suche nach passendem Licht und der ziehende Nebel erforderten Zeit, Geduld und Liebe.
Die Natur faszinierte Pelikan seit eh und je, auch wenn er Aufnahmen von Cilli anfertigte. Unser Archiv enthält Photographien der umliegenden Berge und Gipfel. Der Ausblick von der alten Burg von Cilli faszinierte den Meister der Photographie immer wieder und oft war dies der Aussichtspunkt, wenn er die Stadt fotografierte. Es ist deshalb nur passend, dass der Weg, welchen er nahm um die Burg zu erreichen, heute seinen Namen trägt: Pelikans Weg (Pelikanova pot) Auch deshalb, weil Pelikan ein unermüdlicher Förderer der Stadt an der Sann und der Gesellschaft für Verschönerung war.
Eine Photographie ist Licht in der Finsternis der Vergänglichkeit. Ein Photograph jedoch ist die Person, die diese winzigen Stücke auswählt und sie mit großer Anstrengung in das Mosaik einer bestimmten Zeit und einer bestimmten Gesellschaft einsetzt. Er ist ein Sammler des Lichtes, ein Spiegel der Zeit, ein Bild des Lebens. Auch wenn die Menschen seiner Arbeit mit Achtlosigkeit und Gleichgültigkeit begegnen, auch wenn sie sein Ansehen schmälern, ihn beschimpfen und verspotten, so fertigt er sein Bild der Wahrheit mit bedingungsloser und unerschütterlicher Liebe an. Und bewahrt es für Generationen, die kommen werden und anders sein werden.
Es gibt noch viel mehr über die Arbeit und das Leben von Josip Pelikan, den Meister der Photographie von Cilli, zu erzähle. Und darüber wollen wir berichten – in den nächsten Präsentationen seines wertvollen Nachlasses.
Andreja Rihter, MA